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Aneignung eines Balletts
Auf der Leinwand hinter den Zuschauern läuft der Ballettfilm „Giselle“ des American Ballet Theatre von 1969. Auf ihn sind die Augen aller Tänzer auf der Bühne gerichtet. Die Aneignung eines Balletts soll heute hier unter der Regie der schwedischen Choreographen Halla Ólafsdóttir und John Moström stattfinden. Jedermann und jedefrau soll einsteigen können in das Medium Ballett, das eigentlich für hehre, unveränderbare und unerreichbare Kunst steht. Wie fühlt sich Ballett an? In einem viertägigen Workshop haben sich die zwanzig Tänzer das Ballett zu eigen gemacht. Sie ahmen nach, sie kopieren, sie übernehmen, sie varieren und sie verändern. Sie fühlen sich ein in die besondere Welt der Romantik, der Kitsches und der Künstlichkeit des Balletts. Ihre Outfits übertragen dies selbstironisch und kreativ in die Jetztzeit. Leopardensuits, weite Kleidchen zu Skelett-Leggings, Tüchertütüs, Felloberteile, Pailettenshorts zu Blümchenoberteilen, Rüschen im Haar – alles ist erlaubt. So bunt kann die Welt des Balletts aussehen.
Zuerst erklingt die Originalmusik von Adolphe Adam, dann geht sie fast unbemerkt in Techno über, schließlich in völlige Stille bis sie wieder in der Ballettmusik ankommt. Zu allem werden die kopierten Ballettbewegungsmuster kombiniert. Der Flow des Geschehens auf der Leinwand zieht die Tänzer auf die Bühne oder lässt sie kurz auf den randlichen Polstern verschnaufen. Ein mitreißender Energiestrom geht von diesem Ballettexperiment aus, das für gute Laune nicht nur unter den Tänzern sorgte. Diese Community-Aneignung macht klar, dass Ballett eigentlich getanzte Emotionen sind, in Opernhäusern wird dies unter dem Postulat der technischen Perfektion allzu häufig komplett verborgen.
Birgit Schmalmack vom 16.6.14
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